Blutegel-Therapie

 

Bild 3 - Ein Blutegel hat sich bereits gelöst (links), ein weiterer Blutegel wird sich in Kürze lösen. Die Blutung lässt man "laufen", ein wichtiger Bestandteil der Therapie

Blutegeltherapie als Schmerztherapie bei einer Daumensattelgelenks-Arthrose

Blutegeltherapie bei Daumensattelgelenk-Arthrose als Schmerztherapie

Geschichte und Wirkungsmechanismen der Blutegel-Therapie

Der medizinische Blutegel kommt schon seit Jahrhunderten in der Medizin zum Einsatz.

Das Wort „Egel“ stammt aus dem Griechischen: echis = kleine Schlange. Der Egel sondert in die Bisswunde den Wirkstoff Hirudin ab, der die Blutgerinnung hemmt sowie Egline, die als entzündungshemmend gelten.

Er saugt etwa 10 ml Blut und weitere 50 ml werden durch die Nachblutung ausgeleitet.

Neben Aderlass, blutiger Schröpfkopfbehandlung, Cantharidenpflasterbehandlung und Baunscheidtismus gehört die Blutegelbehandlung zu den sogenannten ausleitenden Verfahren.

Die Naturheilkunde will mit den ausleitenden Behandlungsverfahrenen Stoffen aus dem Körper entfernen, welche einer aktiven reparativen Selbstheilung entgegenstehen.

Indikationen

Arthrose (schmerzlindernd)

klimakterische Beschwerden

Kopfschmerzen

Menstruationsbeschwerden

Muskelverspannungen

Stoffwechselstörungen

venöse Stauungen und Venenentzündung (Krampfadern)

Kontraindikationen

Einnahme von gerinnungshemmenden, blutverdünnenden und quecksilberhaltigen Medikamenten

Antihistaminika z.B. Zyrtec

Infektionen

Autoimmunerkrankungen

angeborene und erworbene Bluterinnungsstörungen (Antikoagulation)

Blutarmut (Anämie)

arterielle Insuffizienz und arterielle Stauungen

bekannte Allergien gegen das Sekret des Blutegels (z.B. Hirudin)

Durchführung der Therapie

Am Tag der Behandlung sollten keine Seifen und Kosmetika benützt werden. Raucher(innen) sollten das Rauchen auf das Minimum reduzieren, da die Blutegel auch auf diese Gerüche empfindlich reagieren. Eine Therapie kann bis zu zwei Stunden dauern. Sie wird je nach Lokalisation der behandelnden Stelle sitzend oder liegend vorgenommen. Außerordentliche Wetteränderungen (Blitz, Donner etc.) können ebenso die Durchführung einer Therapie verunmöglichen, da auch hier die Blutegel empfindlich reagieren resp. schon längst vorher das anbahnende Gewitter spüren.

Nachsorge

Die Blutegel werden solange belassen, bis sie sich von selbst lösen. Danach werden die Bissstellen mit losen, sehr dicken Verband versorgt. Die Dauer der Nachblutung beträgt 4 bis 12 Stunden. Die Blutung soll nicht unterdrückt werden denn sie bildet ein Bestandteil der Therapie. Die Blutung ist wichtig zur Wundreinigung und hat entstaubenden Effekt.

Sie sollten für den Tag der Behandlung Ruhe einplanen und körperliche Betätigung vermeiden. Viel Trinken ist für die Unterstützung des Kreislaufes wichtig.

Ein Juckreiz der Wunde nach der Blutstillung ist nicht ungewöhnlich. Die Wunde darf nicht gekratzt werden, um Sekundärinfektionen zu vermeiden. Abwaschen mit kühlem Wasser kann lindernd wirken.

Nebenwirkungen

werden selten beobachtet, können aber auftreten:

Lokale Reaktion (Schmerz bei Behandlungsbeginn, ca. 5 Minuten, vergleichbar mit einem Brennesselstich; Rötung/Verfärbung der Bissränder bis zu ca. 14 Tagen; Schwellungen, auch  verbunden mit lokalem Spannungsgefühl; Juckreiz für ca. 2-3 Tage), Kreislaufreaktionen (z.B. Blutdruckabfall), allergische Reaktionen.

Eine Narbenbildung ist möglich. doch verschwindet diese nach einiger Zeit meistens auch wieder.

 

Grundsätzlich wird vor jeder Blutegel-Therapie während eines separaten Gesprächs (Anamnese) entschieden, ob eine Blutegel-Therapie durchgeführt werden kann.

Blutegel-Behandlung bei Gicht

Welchen Sinn haben Blutegel in der Behandlung der Gicht?

Unter Gicht versteht man eine Erhöhung der Harnsäure (meist über 7 mg/dl) mit Ablagerung von Harnsäure-Kristallen im Gewebe.

Die Erhöhung der Harnsäure (Hyperurikämie) kann lange ohne Beschwerden verlaufen.

Dann kann es nach einem reichlichen Essen "plötzlich" zu sehr starken Gelenkschmerzen mit Rötung und Schwellung kommen. Am häufigsten vom Gichtanfall betroffen ist das Grundgelenk der Groß Zehe. (Podagra)

Die Abb. zeigt die äußerst schmerzhafte Rötung und Schwellung der großen Zehe bei einem akuten Gichtanfall. Ablagerung der Gichtkristalle.

Von der schmerzhaften Ablagerung bei der Gicht können viele Gelenke - so auch Hand- und Sprunggelenk, Daumengrundgelenk... - aber auch die Nieren (Nierensteine) betroffen sein.

Die Blutegel-Therapie der Gicht behandelt sowohl lokal das schmerzende Gelenk als auch die Erhöhung der Harnsäure durch einen (milden) Aderlass

Wie wird dies konkret erreicht?

Blutegel werden auf oder um ein schmerzendes Gelenk gesetzt.

In der Abb. ist als Beispiel das Handgelenk gewählt. Meist genügen an dieser Stelle 3 - 4 Blutegel.

Die Blutegel beginnen kurz darauf Blut zu saugen und sondern dabei eine Vielzahl hoch wirksamer heilsamer Substanzen unter die Haut. Diese Substanzen wirken anti-entzündlich und abschwellend.

Die schmerzhafte Gelenkschwellung - gleichgültig ob akut oder chronisch - bessert sich meist erheblich. Ganz wichtig ist es jedoch auch noch einen zweiten Aspekt der Behandlung mit Blutegeln bei der Gicht herauszustellen: Es ist die die Wirkung des milden Aderlasses auf den Stoffwechsel

Was ist mit Aderlass im Zusammenhang mit einer Blutegel-Therapie der Gicht gemeint?

Nachdem die Blutegel über 20 - 60 Minuten ganz langsam Blut gesaugt haben und satt sind, fallen die Blutegel ab. Aus den Biss-Stellen der Blutegel rinnt auch danach noch ein feiner Blutstrom.

Die Abb. zeigt eine solche erwünschte Nachblutung unmittelbar nachdem der Blutegel abgefallen ist.

Je nach Größe der Blutegel entsteht ein "Blutverlust" von circa 20 - 40 ml pro Blutegel. Dieser "Blutverlust" entwickelt sich langsam.

Besonders wenn der Patient im Rahmen der Blutegel-Therapie viel trinkt, wird der Flüssigkeits-Verlust schnell aufgefüllt.

Dabei sinkt die Konzentration der Harnsäure im Blut. Gerade bei der Gicht ist die Blutegel-Therapie seit Jahrtausenden bewährt.

Ist die Blutegel-Therapie für jeden Gicht-Patienten geeignet.

Rund 95% der Gicht-Patienten leiden an einer ungenügenden Fähigkeit, die im Blut gelöste Harnsäure auszuscheiden. Bei diesen Patienten kann der Konsum von Fleisch oder Innereien (Purine) bereits zu einer Erhöhung der Harnsäure im Blut führen. Für diese große Gruppe der Gicht-Patienten ist die Blutegel-Therapie eine hervorragende zusätzliche Möglichkeit in der Behandlung.

Für Gicht-Patienten müssen natürlich die Einschränkungen der Blutegel-Therapie beachtet werden, die für alle Patienten gelten. Speziell im Zusammenhang mit der Gicht ist eine Blutegel-Therapie nicht sinnvoll, wenn die Gicht im Zusammenhang mit einem Tumorleiden auftritt. (Hier ist der Blutverlust unerwünscht!)

Nun gibt es für die Behandlung der Gicht eine Vielzahl moderner Medikamente, die den Harnsäure-Spiegel im Blut senken. Hat da eine so alte Behandlung wie die Blutegel-Therapie überhaupt noch einen Wert?

Die Behandlung mit Blutegeln ist kein Ersatz für eine moderne schulmedizinische Therapie der Gicht. Wohl aber ist sie eine hervorragende Ergänzung!

Die Blutegel-Therapie ist auch kein Ersatz für eine vernünftige Ernährung und Lebensweise. Viele Gicht-Patienten werden schon oft Sätze wie diese gehört haben:

  • "Sie müssen weniger essen…"
  • Sie müssen aufhören zu rauchen…Gicht und Rauchen zusammen sind Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall…"

 

Jeder Betroffene weiß, wie schwer im Alltag diese guten Ratschläge umzusetzen sind. 

 

Blutegeltheapie – Nicht für jeden

 

Keinesfalls angewandt werden sollte die Blutegeltherapie bei Menschen, die Blutverdünner, wie Acetylsalicylsäure, Marcumar etc. einnehmen oder allergisch auf den Wirkstoff Hirudin reagieren.

Auch wer zur überschießenden Narbenbildung neigt, ein stark geschwächtes Immunsystem sei eigen nennt oder unter Blutarmut leidet, sollte von einem Blutegel Abstand nehmen.

 

Ebenfalls nicht angezeigt ist diese Therapie bei Schwangeren.

Blutegeltherapie  in der Naturheilpraxis & Massage

 

Die Blutegeltherapie ist eine Form der Blutentziehungsverfahren. Das wohl bekannteste Blutentziehungsverfahren ist der Aderlass, aber auch das blutige Schröpfen und das Einritzen der Haut, um eine Blutung zu erzeugen, hat einen ähnlichen Effekt.

Die meisten Naturvölker führten Blutentziehungsverfahren durch. So wurden schon viele Jahrhunderte vor Christus Blutegel zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Etwa 1500 v. Chr. wurden in Ägypten, im 5. Jahrhundert v.Chr. in Indien und auch von Azteken und Indianern Blutegel zu Heilungszwecken benutzt.

In Europa hielt man die Egel zuerst nur für unnütze Parasiten. Erst ab ca. 200 v. Chr. wandten Ärzte sie auch hier zur Schmerzlinderung, Fiebersenkung, Entspannung und gegen Hauterkrankungen an. Italienische Ärzte setzten die Egel ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. bei Gichtanfällen und Hämorrhoiden, später bei jeder nur denkbaren Erkrankung ein. Von Italien aus verbreitete sich das Therapieren mit Blutegeln schließlich über ganz Europa.

Nachdem auch Deutschland im 17. Jahrhundert vom „Egel boom“ erreicht worden war, nahm mit Beginn des 19. Jahrhunderts die Blutentziehung, insbesondere durch Blutegel, immense Ausmaße an. Pro Anwendung wurden 60-80 Egel angesetzt, bei manchen Patienten im Verlaufe einer Krankheit sogar 1.000 -1.500 Egel verwendet.

Diese Epoche der Medizingeschichte wird als „Vampirismus“ bezeichnet. Das Blutegelgeschäft wurde zum wichtigsten Wirtschaftszweig in der Medizin. Wurden die Egel in einem Land knapp, importierte man sie von dort, wo es noch welche gab. In vielen Ländern Europas wurden die Blutegel so fast ausgerottet.

Den „deutschen“ Blutegel (Horrido medicinalis officinalis) gibt es nicht mehr. Doch der übertriebenen Verwendung von Blutegeln fielen nicht nur die Egel selbst zum Opfer, auch die Sterblichkeit der mit ihnen behandelten Patienten stieg an. So ließ die Begeisterung für die Blutegeltherapie ab Mitte des 19. Jahrhunderts nach und sie verlor ihren Platz in der schulmedizinischen Anwendung. Hierfür war außerdem die damals aufkommende Bakteriologie verantwortlich, die mit der Anwendung der unsterilen Blutegel nicht zu vereinbaren war.

Seit dem 20. Jahrhundert wird die Blutegeltherapie überwiegend von „Naturheilkundlern“ durchgeführt, die eine auf den Patienten abgestimmte Menge von Egeln verwenden. Die schulmedizinische Forschung versucht seither, das Geheimnis der Blutegel zu ergründen, denn ihre Anwendung ist grundsätzlich erfolgreich.

Wie sieht ein Blutegel aus?

Der medizinische Blutegel (Horrido medicinalis officinalis) gehört zu den Ringelwürmern, wie sein naher Verwandter, der Regenwurm. Äußerlich haben die beiden aber nur die Körperringelung gemeinsam. Egel kommt von „echis“, das bedeutet kleine Schlange. Und so sieht der Egel auch aus, wenn er durchs Wasser schwimmt.

 

Egel

 

Der medizinische Blutegel hat an seinen beiden Enden jeweils einen Saugnapf, mit denen er sich am Untergrund festsaugt und die ihm zur Fortbewegung dienen. Der vordere Saugnapf dient auch noch der Nahrungsaufnahme, da dieser die Mundöffnung umschließt. Die Mundöffnung besteht aus drei halbmondförmigen Kiefern mit ca. 100 kleine Zähnchen. Hiermit können die Egel die Haut ihres Opfers einritzen und ihre Blutmahlzeit einnehmen. Dabei hinterlassen die Kiefer etwa 2-3 mm große, sternförmige Narben.

Das vordere Ende des Egels ist dünner als das hintere Ende, der Rumpf ist auf der Bauchseite abgeflacht, auf der Rückenseite etwas gewölbt. Auf der Bauchseite ist der medizinische Blutegel grünbraun gefärbt, manchmal kann man schwarze Punkte finden. Auf dem Rücken ist er dunkel olivgrün mit braunen und dunkelgrünen, evtl. orange-rötlichen Streifen.

Ansonsten kann er seine äußere Form sehr verändern. Er kann sich stark zusammenziehen und sieht dann kurz und dick aus. Wenn er sich aber in die Länge streckt, wird er dünn und sehr lang und kann sich durch kleinste Ritzen durchquetschen.

Der Blutegel besitzt mehrere Sehzellpaare auf seinem Rücken, die man allerdings mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Die Atmung des Egels geschieht nicht über Lungen oder durch Kiemen, sondern über die Haut. Sie atmen den im Wasser gelösten Sauerstoff.

Blutegel sind zweigeschlechtlich, also Zwitter und legen ihre Eier in Kokons an Uferböschungen in die Erde oder an die Blätter von Wasserpflanzen. Nach ungefähr 6 Wochen schlüpfen dann die kleinen Egelchen. Sie sind in der Lage, sich direkt selbst zu versorgen. Häufig suchen sie sich satte große Egel, denen sie dann ein wenig Blut absaugen.

Sie leben in kalkarmen, kühlen und langsam fließenden (Süß-)Gewässern wie Seen, Teichen, Bächen und Flüssen. In Freiheit ernährt sich der Egel vom Blut von Fischen, Fröschen, oder er saugt an Nase oder Mund von trinkenden Weidetieren. Manchmal erwischt es auch einen Badenden. Egel können bis zu 2 Jahre ohne Nahrung auskommen und 25 - 30 Jahre alt werden.

Auch bei uns findet man noch „wilde“ Egel. Die Blutegel, die aber in medizinischen Gebrauch gelangen, kommen überwiegend aus deutscher Zucht oder aus Gewässern in der Türkei und Kroatien, wo sie eine kurze Zeit im Jahr für die medizinische Verwendung gefangen und exportiert werden dürfen.

Der „Einsatz“ des Egels am Patienten

Bevor die Blutegel angesetzt werden, sollte der Patient die entsprechende Stelle der Haut zwei Tage vorher nicht mit parfümierten Seifen oder Cremes waschen oder einreiben. Auch sollte er kurz vorher nicht mehr rauchen, denn Blutegel mögen weder Duftstoffe noch Nikotin. Sie beißen dann nicht.

Auch die Blutegel werden auf ihre Blutmahlzeit vorbereitet. Sie werden eine Stunde vor dem Ansetzen in kühles abgekochtes Wasser gegeben, um die Keime auf ihrer Haut zu reduzieren.

Die Anzahl der pro Behandlung anzusetzenden Blutegel hängt ab von Größe, Gewicht, Alter, Blutdruck, Schwere der Erkrankung, Medikamenteneinnahmen des Patienten und von der Größe der Blutegel. Bei einem 5-jährigen Kind mit einem Nagelumlauf wird nur ein Egel angesetzt, bei Erwachsenen werden es zwischen 5 und höchstens 15 Egel sein.

 

Sollen nun Blutegel an eine bestimmte Körperstelle des Patienten gesetzt werden, muss man zunächst für eine ruhige und entspannte Atmosphäre sorgen, denn Egel sind besonders sensible Tiere, die jede noch so kleine Aufregung oder Anspannung des Therapeuten spüren, darauf ebenfalls mit Unruhe reagieren und sich dann nicht mehr genau platzieren lassen. Die Aufregung des Patienten hingegen stört sie nicht. Ganz im Gegenteil, diese sorgt für eine bessere Durchblutung der Haut, so dass die Egel leichter an ihre Nahrung gelangen können und dann gut beißen.

Auch bei gewittriger oder schwüler Luft oder grellem Licht beißen sie schlecht oder gar nicht. Streichelt man sie dann liebevoll, lassen sie sich u.U. doch noch „überreden.“

Erreicht der Egel die Haut des Patienten, saugt er sich erst mal mit dem hinteren Saugnapf fest und sucht mit seinem vorderen Ende tastend nach einer geeigneten Bissstelle. Hat er diese gefunden, setzt er den vorderen Saugnapf senkrecht von oben auf die Haut auf und saugt sich fest. Nach kurzer Zeit beginnt er mit den Kieferzähnchen die Haut seines Opfers einzuritzen.

Der Biss des Blutegels ist schmerzarm. Je nach Empfindlichkeit des Patienten ist er entweder gar nicht oder wie ein Mückenstich zu spüren. Manchmal tritt kurz nach dem Biss ein Brennen an der Bissstelle auf, dass mit der Berührung einer Brennnessel zu vergleichen ist. Dieses Brennen vergeht innerhalb weniger Minuten.

Während des Saugaktes bleiben die Egel die ganze Zeit am selben Ort, sie kriechen nicht über den Körper. Der Patient spürt lediglich die Saugbewegungen des Egels.

Nach 20 Minuten bis längstens 2 Stunden ist der Egel satt, 4-6mal so groß wie vorher und fällt vom Körper ab. Er hat jetzt 3-6 Milliliter Blut getrunken. Die Wunde blutet aber noch ungefähr 12 Stunden nach. In dieser Zeit verliert der Patient durch diese eine Wunde noch 20 - 30 Milliliter Blut, das durch einen sehr dicken, aber lockeren Verband aufgefangen wird. Die Nachblutung darf nicht unterbrochen werden, aber der Verband soll auch nicht sofort durchbluten. Ein Verbandswechsel nach einigen Stunden, in denen sich der Patient ruhig verhalten sollte, um den Blutverlust nicht unnötig zu vergrößern, ist in der Regel erforderlich.

Bevor der Blutegel mit dem eigentlichen Blutsaugen beginnt, gibt er verschiedene Substanzen in den Körper seines „Opfers“.

Der bekannteste Stoff ist das Hirudin. Es wirkt an der Bissstelle einige Stunden lang gerinnungs- und entzündungshemmend. Andere Sekrete sind Antistasin, Apyrase, Bdellin, Calin, Resorzin, Eglin, Ghilantene, Hyaluronidase, Kollagenose, Piyavit-Destabilase, Prostaglandine. Sie wirken entzündungs- und gerinnungshemmend, gefäßerweiternd, schmerzstillend, lymphstrombeschleunigend. Die Blutgefäße werden wieder straffer, und Blutgerinnsel können aufgelöst werden.

Diese Wirkungen ermöglichen die Anwendung der Blutegel bei einer großen Anzahl von Beschwerden:

Krampfadern, (nicht nur, dass die Egel die dicken Aussackungen entfernen können, die Venen werden wieder straffer, neuen Krampfadern wird dadurch vorgebeugt und Besenreißer können auch verschwinden)

Thrombosen, Venenentzündungen, offene Beine, schlecht heilende Wunden

Arteriosklerose, Angina pectoris, vorbeugend vor Herzinfarkt und Schlaganfall

bei Diabetes mellitus können Gefäßveränderungen positiv beeinflusst werden

sämtliche Muskelverspannungen und deren Folgen wie Migräne, Wadenkrämpfe, Spannungskopfschmerzen, Hexenschuss

Rückenschmerzen, Schmerzen durch Arthrose, Gelenkentzündungen, Rheuma, Nervenschmerzen

Tinnitus

Abszesse und Furunkel

sämtliche Arten von Entzündungen, sei es an Gelenken, Sehnen, Umlauf, inneren Organen, an der Haut, usw.

Durchblutungsstörungen, Schwindel

Es gibt nur wenige Gegenanzeigen einer Blutegeltherapie. So dürfen Blutegel nicht angesetzt werden, wenn der Patient an Gerinnungsstörungen leidet, sei es, dass er Bluter ist, also an Hämophilie leidet, oder gerinnungshemmende Medikamente einnimmt, wie z.B. Marcumar. Hier wäre die Nachblutung nur schwer zu stoppen.

Auch bei Menschen die an einer ausgeprägten Abwehrschwäche leiden, wie HIV, Krebserkrankungen oder immunsupprimierte Patienten nach Transplantationen sollte keine Blutegeltherapie durchgeführt werden, da es dabei zu Entzündungen der Wunden kommen könnte. Ausgeprägte Anämien und eine Allergie gegen die Blutegelsekrete stellen natürlich auch eine Kontraindikation dar.

Hat der Blutegel seine Mahlzeit beendet, fällt er – wie schon erwähnt – normalerweise ab. Der Saugvorgang sollte nicht vorzeitig unterbrochen werden, da durch Drücken und Quetschen des Egels Bakterien aus dessen Darm in den Patienten gelangen und eine Infektion hervorrufen könnten. Das Aufstreuen von Salz oder Betupfen mit Alkohol hat ein Erbrechen des Egels zur Folge, wobei ebenfalls Bakterien des Egels den Patienten infizieren können. Daher ist von Selbstversuchen dringend abzuraten.

Die Nebenwirkungen bei der Blutegeltherapie sind eher harmloser Natur: Nach der Behandlung kann um die Bissstelle herum eine Rötung auftreten, die auch mit einem Juckreiz einhergehen kann. Diese Reaktion ist mit einem Mückenstich vergleichbar. Nach mehreren aufeinander folgenden Behandlungen, oft schon beim zweiten Mal, wird es weder rot noch juckt es.

Durch den Blutverlust kann während oder nach der Therapie der Blutdruck etwas sinken. Diese kleine Kreislaufschwäche kann mit einigen Kreislauftropfen sofort behoben werden.

Meistens verheilen die Bissstellen nach der Behandlung rasch. In seltenen Fällen, insbesondere bei Menschen mit verstärkter Narbenbildung, bleiben längere Zeit kleine, ca. 2-3 mm große, sternförmige Narben zurück. Nebenwirkungen wie Allergien und Wundinfektionen sind extrem selten.

Was geschieht mit den satten Egeln?

Blutegel dürfen wegen Infektionsgefahr nach einer Behandlung nicht noch einmal am Menschen angesetzt werden. Aus Gründen des Artenschutzes dürfen diese Egel auch nicht in Teiche oder Bachläufe ausgesetzt werden.

Auf keinen Fall sollten noch lebende Blutegel über die Toilette entsorgt werden. Sie können in der Kanalisation überleben und später plötzlich wiederauftauchen; im eigenen Bad oder auch in der Toilette des Nachbarn.

 

 

Es bleiben nur zwei Möglichkeiten: entweder die Egel werden getötet oder sie werden an den Züchter zurückgeschickt, von dem sie bezogen wurden. Dort können sie dann in einem „Rentnerteich“ weiterleben.

 

Die Blutegeltherapie bei Hauterkrankungen

 

Die Behandlung von Hautkrankheiten ist eines der bevorzugten Einsatzgebiete der Blutegeltherapie. Furunkel

In der Literatur wird die ausgezeichnete Hilfestellung beschrieben, die Blutegel bei der Behandlung von Furunkeln und Karbunkeln liefern, ins besonders dann, wenn sie frühzeitig und in ausreichender Menge (2 bis 5 Blutegel je nach Größe) angesetzt werden. Meistens wir empfohlen, die Blutegel an der Basis der Entzündung anzusetzen. Besonders gute Ergebnisse werden bei Gesichtsfurunkeln beschrieben. Bald nach dem Ansetzen wird die bläuliche Verfärbung heller und rötlicher, der Schmerz den die Spannung des Furunkels erzeugt lässt schlagartig nach. Falls sich die Spannung wiederholt können dem Patienten in kurzen Abständen ein paar Mal Blutegel gesetzt werden. Zusätzlich hat diese Therapieform auch einen kosmetischen Vorteil, da keine Narbenbildung wie sie zB bei Inzision entsteht, auftritt.

Abszess

Ein Abszess ist eine mit Eiter gefüllte Schwellung die mit einem starken Druckschmerz einhergeht. Das Abszess entsteht durch eine Infektion und kann auch in Kombination mit Fieber stehen. Wird ein Abszess mit Blutegel behandelt, können die Blutegel direkt auf das Abszess aufgesetzt werden. Durch das Nachbluten wird das Abszess gereinigt, die Schwellung geht zurück und der Patient ist schlagartig erleichtert. Um das Abszess vollständig zu heilen sind jedoch meist mehrere Blutegeltherapien nötig.

Entzündungen der Lymphknoten

Hier eine Schilderung von Heinz Bottenberg aus dem Jahr 1935 der sich sehr eingehend mit der Blutegeltherapie befasst hat. Dabei beschreibt er die Behandlung seiner eigenen dreijährigen Tochter, bei der nach einem infizierten Ekzem beidseitig die Sub maxillaren und submentalen Lymphknoten anschwollen und zu faustdicken Paketen verschmolzen. Verbunden war dies mit Fieber von 40,8 Grad C und Schüttelfrost. "Die Kleine machte den Eindruck einer Schwerkranken, mit großer Apathie und teilweiser Benommenheit, die nur durch kalte Wickel und Waschungen einigermaßen in Schranken gehalten werden konnte...In diesem Zustand entschlossen wir uns Blutegel anzusetzen, und zwar vier auf der linken Seite....Schon am Abend dieses Tages war das Fieber weniger hoch (38,7 rektal), das Kind war frischer und zeigte eine deutliche Entlastung. In den nächsten Tagen sank nun die Temperatur auf die Norm, und, was niemand zu hoffen gewagt hatte, die beiderseitigen, faustgroßen Tumoren vergingen zusehends, wie Butter in der Sonne, ohne weitere äußere Anwendung, auch ohne innere Arzneigaben. Es trat keine weitere Abszedierung mehr auf, kein Durchbruch nach außen; und von den großen entzündlichen Tumoren war nach etwa einer Woche nur noch ein walnussgroßer Rest auf jeder Seite zu fühlen. Das Kind erholte sich auffallend rasch. Die völlige Heilung, kosmetisch besonders erfreulich, war in etwa 4 Wochen erreicht.

 

Hier beobachtete ich zum ersten Mal einwandfrei, was ich in den folgenden Jahren soundso oft auch in anders gearteten Fällen wieder erlebte, dass u.U. eine bereits vorhandene Abszedierung in der Tiefe noch aufgesaugt werden kann, wenn rechtzeitig Blutegel angesetzt werden, dass also das Wort, ubi pus, ibi evacua! selbst bei den heißen Abszessen keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Für mich war dies Erlebnis ein Anstoß, in der Folgezeit öfter als vorher Blutegel zu verwenden, ebenso wie übrigens für den chirurgischen Kollegen, der all die miterlebte und so etwas, nach seinen Worten, vorher für eine glatte Unmöglichkeit erklärt haben würde" 

dr.weibert@hotmail.com

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